Climeworks – der Rückwärtsgang zum Klimawandel
Der ETH-Spin-off Climeworks versucht seit 16 Jahren, die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre zu optimieren. Das Start-up ist schnell zu einem Lieblingskind von Investoren geworden. Und jetzt dies: Climeworks kündigt eine Massenentlassung an.
Climeworks kämpft, wie der CEO selbst sagt, mit trivialen Problemen: Wetter, Lieferketten, technischen Pannen – und Donald Trump, der nichts von Klimaschutz hält. Scheitern wird Climeworks allerdings an drei fundamentalen Problemen. Diese Denkfehler hätte man an der ETH von Anfang an erkennen müssen. Es ist tragisch, dass es 16 Jahre und über 800 Millionen Dollar brauchte, bis die Fakten das Wunschdenken endlich überwinden können.
Das sind die fundamentalen Probleme:
Die Grösse der Aufgabe. Das Projekt «Mammoth» in Island soll dereinst jährlich 36'000 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre entfernen. Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle, Erdöl und Erdgas) gelangen jedes Jahr 36 Milliarden Tonnen in die Atmosphäre. Nur um den CO2-Gehalt der Atmosphäre stabil zu halten, müsste «Mammoth» also bei den heutigen Emissionen eine Million Mal gebaut werden – zu 150 Millionen Euro das Stück.
Die Chemie. Ein CO2 -Molekül besteht, wie der Name «Kohlenstoffdioxid» sagt, aus einem Kohlenstoffatom und zwei Sauerstoffatomen. Erdgas – Methan – besteht aus einem Kohlenstoffatom und vier Wasserstoffatomen. Die zwei Sauerstoffatome sind zusammen acht Mal so schwer wie die vier Wasserstoffatome. Das CO2, das man im Boden verpressen will, ist also 2,75 mal so schwer, wie das Gas, das man aus der Erde geholt hat. Für Öl und Kohle ist das Verhältnis noch ungünstiger: 3,1 und 3,7. Das heisst, die ganze Infrastruktur, die für die fossile Energieversorgung aufgebaut wurde, müsste drei Mal aufgebaut werden, um das CO2 zu entsorgen, falls wir das Netto Null Ziel allein mit CCS («carbon capture and storage») lösen wollten.
Das Meer. Dieses Problem wird kaum je angesprochen. Es ist auch nicht ganz leicht zu verstehen. Von den 36 Milliarden Tonnen CO2, die wir jedes Jahr in die Luft blasen, bleibt nur etwa die Hälfte in der Atmosphäre. Der Rest wird zum grössten Teil vom Meer aufgenommen. Dies geschieht, damit das Gleichgewicht zwischen den beiden Speichern, Meer und Atmosphäre, aufrecht erhalten bleibt. Wasser und Luft tauschen ständig CO2-Moleküle aus. Wenn der CO2-Gehalt der Luft zunimmt, geht mehr davon ins Wasser, als herauskommt – solange bis das Gleichgewicht wieder stimmt. Mit anderen Worten: Von jeder Tonne emittiertem CO2 verschwindet fast eine halbe Tonne im Meer. Das bedeutet umgekehrt, dass das Meer für jede Tonne, die Climeworks aus der Luft saugt, eine halbe Tonne weniger aufnimmt. Wenn die Emissionen einmal aufhören (2050??), wird das Meer für jede Tonne, die abgesaugt wird eine halbe Tonne ausgasen. Das heisst, Climeworks müsste die ganzen 36 Milliarden Tonnen pro Jahr herausfiltern. Das Gleichgewicht zwischen den beiden Konzentrationen muss immer stimmen.
Man könnte ein viertes fundamentales Problem erwähnen, aber das ist so offensichtlich, dass man staunt, warum die Idee nicht von Anfang an als absurd ad acta gelegt worden ist: Die Entropie. Viel billiger wäre es, das CO2 am Ort der Entstehung, in Kaminen und Auspuffrohren einzufangen statt es zuerst um das Tausendfache zu verdünnen um es dann mit hohem Kosten- und Energieaufwand wieder zu konzentrieren.
Es ist schon merkwürdig, dass man in einer der berühmtesten technischen Hochschulen der Welt nicht zu wissen scheint, was Entropie ist.
